Steuerrechtsurteile

Verschwinden eines Landwirts führt nicht zur sofortigen Betriebsaufgabe



Wenn ein Landwirt spurlos verschwindet und lediglich auf einem Zettel die Anweisung zur Betriebsauflösung hinterlässt, so bewirkt dies keine sofortige Aufgabe eines aktiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs. Erforderlich ist darüber hinaus die Umsetzung des Entschlusses zur Betriebsaufgabe durch Veräußerung oder Entnahme der wesentlichen Betriebsgrundlagen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Nachdem sich seine wirtschaftliche Situation erheblich verschlechtert hatte, war er plötzlich für mehrere Jahre verschwunden. Er hatte seinen Familienangehörigen lediglich einen Zettel hinterlassen auf dem wortwörtlich stand: „Ich will nicht mehr. Verkauft alles inklusive Ländereien und löst alles auf.“ Daraufhin hatten die Angehörigen des Klägers zum nächstmöglichen Zeitpunkt das Inventar, das Vieh, und Teile der Ländereien verkauft.

Nachdem der Kläger wieder aufgetaucht war, kam es mit dem Finanzamt zum Streit über die steuerrechtlichen Konsequenzen der Veräußerungen. In dem sich anschließenden Rechtsstreit entschied das FG, dass es nicht mehr zu einer Besteuerung der Verkäufe kommen könne, weil der Betrieb des Klägers bereits früher, nämlich zu dem Zeitpunkt aufgegeben worden sei, als er verschwunden sei und die Anweisung hinterlassen habe, dass seine Angehörigen alles auflösen sollten. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH dieses Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG haben die Flucht des Klägers und der zurückgelassene Zettel mit der Anweisung, den Betrieb aufzulösen, nicht zu einer sofortigen steuerbegünstigten Betriebsaufgabe geführt. Eine Betriebsaufgabe im Sinn von § 16 Abs.3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebes in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt.


Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein aktiv bewirtschafteter landwirtschaftlicher Betrieb - anders als ein Verpachtungsbetrieb - nicht durch eine Aufgabeerklärung mit sofortiger steuerlicher Wirkung aufgegeben werden. Hinzukommen muss die Umsetzung des Aufgabeentschlusses durch Veräußerung oder Entnahme der wesentlichen Betriebsgrundlagen. Daher führt ein Untertauchen des Betriebsinhabers oder sein Versterben zu keiner sofortigen Aufdeckung der stillen Reserven. Da das FG keine Feststellungen zum Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage getroffen hatte, war die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholen und neu entscheiden kann.


Linkhinweis:





Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.11.2007, Quelle: BFH PM Nr.102 vom 28.11.2007


(Meldung vom 2007-11-28)