Steuerrechtsurteile

Antidumpingzölle: Hinreichende Vermutung einer Umgehungsabsicht rechtfertigt Missbrauchsklausel des Art. 25 ZK



Liegt die Vermutung nahe, dass die Verarbeitung einer Ware im Ausfuhrland nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft für Waren bestimmter Länder gelten, kann sie nicht als ursprungsbegründend im Sinn von Art. 24 ZK angesehen werden. Der die Umgehung eingeführter Antidumpingzölle betreffende Art. 13 VO Nr.384/96 schließt die Anwendung der allgemeinen Missbrauchsklausel des Art. 25 ZK nicht aus.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin meldete in den Jahren 2002 bis 2004 mehrere Sendungen Stahlseile zur Abfertigung zum freien Verkehr an, die in Ägypten aus Litzen mit Ursprung in China hergestellt worden waren. Dabei gab sie unter Vorlage entsprechender Warenverkehrsbescheinigungen Ägypten als Ursprung der Stahlseile an. Die Waren wurden wie angemeldet zum Zollsatz "frei" abgefertigt.

Das Hauptzollamt vertrat die Ansicht, dass mit der Herstellung der Stahlseile in Ägypten der auf Waren dieser Art mit Ursprung in China zu erhebende Antidumpingzoll gemäß der Verordnung (EG) Nr.1796/1999 (VO Nr.1796/1999) zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in China, Ungarn, Indien, Mexiko, Polen, Südafrika und der Ukraine habe umgangen werden sollen und erhob den auf die eingeführten Waren entfallenden Antidumpingzoll nach.


Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.


Die Gründe:
Im Zeitpunkt der Einfuhren der Klägerin war nach Art. 1 Abs.1 und 2 VO Nr.1796/1999 auf Seile aus Stahl der eingeführten Art mit Ursprung in China Antidumpingzoll zu erheben.


Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, weil die von der Klägerin in den freien Verkehr übergeführten Drahtseile ihren nichtpräferenziellen Ursprung in China hatten. Zwar kann gemäß Art. 24 ZK eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt waren, Ursprungsware des Landes sein, in dem sie der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen wurde. Doch gilt dies im vorliegenden Fall nicht, da Art. 25 ZK der Annahme des Warenursprungs in Ägypten entgegensteht.


Nach Art. 25 ZK kann eine Be- oder Verarbeitung, bei der schon die festgestellten Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, dass sie nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckte, die in der Gemeinschaft für Waren bestimmter Länder gelten, den Herstellungswaren keinesfalls gemäß Art. 24 ZK die Eigenschaft von Ursprungswaren des Be- oder Verarbeitungslandes verleihen. Der die Umgehung eingeführter Antidumpingzölle betreffende Art. 13 VO Nr.384/96 schließt im Bereich der nichtpräferenziellen Ursprungsregeln die Anwendung der allgemeinen Missbrauchsklausel des Art. 25 ZK nicht aus, da die Vorschriften unterschiedliche Bereiche regeln.


Die Vermutung, dass die Be- oder Verarbeitung in einem Drittland missbräuchlich ist, weil sie allein der Umgehung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen dient, ist insbesondere gerechtfertigt, wenn es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten dieser gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen und der Verlagerung des Herstellungsvorgangs gibt.


Im Streitfall hatte das FG festgestellt, dass die Einfuhren von Stahlseilen mit angeblich ägyptischem Ursprung in die Gemeinschaft seit der Einführung des Antidumpingzolls auf Stahlseile mit Ursprung in China über die Jahre 1999 bis 2002 sprunghaft angestiegen sind. Die herzuleitende Vermutung einer Umgehungsabsicht wurde durch Zeugenaussagen bekräftigt.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.09.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-09-15)