Steuerrechtsurteile

Für den Verkauf von "Fingerfood" im Kino gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz



Für Umsätze aus dem Verkauf von teilweise selbst zubereitetem "Fingerfood" wie Popcorn, Nachos und Hot Dogs im Kino gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz. Denn anders als beispielsweise in Restaurants überwiegt hierbei nicht der Dienstleistungscharakter. Diese Verkäufe sind daher nicht als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen, sondern als nach § 12 Abs.2 Nr.1 UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegende "Lieferungen" zu behandeln.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH einen Kinokomplex. Im Eingangsbereich zu den Kinosälen bietet sie an Verkaufstheken Nahrungsmittel wie Popcorn, Nachos, Süßigkeiten, Hot Dogs und Eis an. Das Popcorn stellen die Mitarbeiter der Klägerin aus Mais, Öl, Salz oder Zucker selbst her. Nachos und Hot Dogs werden erwärmt und mit verschiedenen Saucen angeboten.

Die Klägerin unterwarf die Umsätze aus dem Verkauf dieser Speisen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Das Finanzamt folgte dem nicht und berechnete die Umsatzsteuervorauszahlung für das erste Quartal 2005 nach dem Regelsteuersatz von 19 Prozent.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass die Umsätze aus dem Verkauf von „Fingerfood“ nicht als sonstige Leistung, sondern als Lieferung zu qualifizieren sei und folglich gemäß § 12 Abs.2 Nr.1 UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterlägen. Es fehle an dem für eine sonstige Leistung erforderlichen Überwiegen des Dienstleistungscharakters, da sie weder besondere Sitzmöglichkeiten noch Geschirr oder Beratung durch Personal anbiete.


Das FG gab der Klage statt, ließ allerdings die Revision zum BFH zu.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Umsätze der Beklagten aus dem Verkauf von Hot Dogs, Nachos und Popcorn zu Unrecht dem Regelsteuersatz unterworfen.


Ob die Abgabe von Lebensmitteln eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung oder eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Lieferung darstellt, beurteilt sich in erster Linie nach den hiermit verbundenen Dienstleistungen. Stehen diese – wie typischerweise bei Restaurants – bei weitem im Vordergrund, liegt eine sonstige Leistung vor, während bei einer bloßen Abgabe von Lebensmitteln zum Mitnehmen oder zum Verzehr an Ort und Stelle eine Lieferung anzunehmen ist.


Im Streitfall steht der Dienstleistungscharakter nicht im Vordergrund. Dem Verkauf des „Fingerfoods“ ist auch kein restaurantartiger Charakter beizumessen. Dem steht nicht entgegen, dass die Speisen teilweise zubereitet beziehungsweise erwärmt werden. Denn bei der Beurteilung des Dienstleistungsanteils an der Gesamtheit eines Geschäfts sind nur die Dienstleistungen zu berücksichtigen, die nicht zwangsläufig mit der Vermarktung des Gegenstands verbunden sind. Die notwendige Vorstufe der Vermarktung einer zubereiteten Speise ist aber ihre Zubereitung.


Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Kino in den Sälen über eine Bestuhlung sowie über Toiletten und Mülleimer verfügt und regelmäßig gereinigt wird. Denn diese Dienstleistungen erbringt die Klägerin nicht im Hinblick auf die abgegebenen Speisen, sondern im Zusammenhang mit den Filmvorführungen.


Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da mit dieser Entscheidung vom Urteil des FG Hamburg vom 28.11.2006 (Az.: 7 K 27/06) abgewichen wird.




Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 03.03.2008; Quelle: FG Berlin-Brandenburg PM vom 27.02.2008


(Meldung vom 2008-03-04)